Gaunerzinken – die Bedeutung der Geheimzeichen
„Es sind oft völlig unauffällige Zeichen an der Fassade, Haustür oder am Briefkasten: Gaunerzinken als Geheimcodes. Eine Vorhut späht das Haus aus und hinterlässt dann Symbole, um Komplizen zu informieren, ob es etwas zu holen gibt und wie man ins Haus gelangt.
Wer morgens seine Zeitung aus dem Briefkasten holt und dort plötzlich ein bestimmtes Symbol entdeckt, dessen Herkunft er sich nicht erklären kann, sollte alarmiert sein: Womöglich handelt es sich nämlich nicht um harmlose Schmierereien von Nachbarkindern, sondern um einen sogenannten Gaunerzinken – also ein Geheimzeichen, mit dem Einbrecher und Trickbetrüger Nachrichten für nachfolgende Komplizen hinterlassen.
So sehen Gaunerzinken aus
Eine vollständige Auflistung aller jemals verwendeten Gaunerzinken ist nicht möglich. Es existieren zahlreiche Symbole, die sich nur minimal unterscheiden. Dabei ist ihre Bedeutung von Einbrecherbande zu Einbrecherbande verschieden.
Bedeutung der Gaunerzinken
In der heutigen Zeit werden die Symbole fast nur noch von organisierten Banden genutzt. Das immer gleiche Vorgehen: Eine Vorhut kundschaftet ein Objekt gründlich aus. Sie beobachtet, ob es in einem Gebäude etwas zu holen gibt und ob beispielsweise ältere Menschen oder alleinstehende Frauen im Haus leben. Die gesammelten Informationen werden dann mithilfe der Gaunerzeichen an die nachfolgenden Komplizen übermittelt, während die Kundschafter längst weitergezogen sind.
Gaunerzeichen schwer zu erkennen
Die Gaunerzinken werden von Nachbarn und Bewohnern leicht übersehen oder ihre Bedeutung verkannt. Ein kleines mit Kreide gezeichnetes Kreuz ist unauffällig und wird selbst bei Entdeckung meist eher Nachbarkindern als umherziehenden Verbrecherbanden zugeordnet. Auch eine oberflächlich in die Haustür geritzte, dünne Zickzacklinie fällt längst nicht immer auf – zumal die meisten Menschen überhaupt nicht wissen, wie Gaunerzinken eigentlich aussehen.
Das ist bei Gaunerzinken zu tun
Gaunerzinken sind kein auf bestimmte Regionen begrenztes Phänomen. Überall in Deutschland tauchen die Zinken in unregelmäßigen Abständen auf. Achten Sie daher aufmerksam auf Ihre Umgebung. Sollten Sie Gaunerzinken an Ihrem Haus oder im unmittelbaren Umfeld entdecken, entfernen Sie diese umgehend.
Tipp: Darüber hinaus wird empfohlen, die Nachbarschaft über die Gaunerzinken zu informieren. Finden sich in der Umgebung weitere Markierungen, entfernen Sie diese ebenfalls. Ein gehäuftes Auftreten sollte außerdem der örtlichen Polizeidienststelle gemeldet werden.
Verbreitung von Gaunerzinken
Laut Medienberichten tauchten Gaunerzinken beispielsweise im Frühjahr im Raum Berlin vermehrt auf. „Die zumeist osteuropäischen Tätergruppen kundschaften ein Gebäude aus, brechen ein oder überfallen Mieter und hinterlassen die Markierungen für die nächsten Täter, bevor sie in eine andere Stadt weiterziehen“, erklärt die Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), in einem Interview.
Die Berliner Polizei konnte das vermehrte Auftauchen von Gaunerzinken auf Anfrage von t-online.de allerdings nicht bestätigen. Die Zinken werden im gesamten Bundesgebiet immer wieder gesichtet, so die Berliner Polizei. Auch im Großraum Flensburg tauchten vor einiger Zeit Gaunerzinken im Zusammenhang mit einer Einbruchserie auf.
Mittlerweile ist die Nutzung der Gaunerzinken allerdings nicht mehr so gängig. Kriminelle Banden nutzen nun andere Mittel, um miteinander zu kommunizieren, erklärt Kriminalhauptkommissar Jens Fritsch, Fachberater bei der Beratungsstelle Einbruchschutz beim Landeskriminalamt Berlin, t-online.de. Häufig werden Smartphones genutzt. Sicherer ist allerdings die mündliche Absprache, da diese nicht von anderen mitverfolgt werden kann.
Gaunerzinken sind mittelalterliche Geheimzeichen
Schon seit dem Mittelalter werden Zinken als geheime Codes für die nonverbale Kommunikation eingesetzt. Eine wissenschaftliche Arbeitsgruppe der Universität Passau, die zu den historischen Einsatzgebieten und der Bedeutung von Zinken forschte, erklärt dazu: „Zinken sind einer bestimmten Bevölkerungsgruppe zuzuordnen, die aufgrund sozialer Bedingungen ständig mit Repressionen rechnen musste.“
In der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Standesgesellschaft betraf dies nicht nur Gaunerbanden, sondern sämtliche Angehörige des untersten Standes. Auch Bettler, Hausierer und Tagelöhner nutzten damals Zinken, um nachfolgenden Standesgenossen Hinweise zu hinterlassen, wo sich ein Vorsprechen wohl am ehesten lohnen würde.“
Text-Quelle: t-online Nachrichten.